15.11.2025 | Vamos Bamberg & die letzte Fahrt einer Band ist angebrochen
Der November rauschte herein wie ein Sturm auf offener See – salzig, schwer und mit einem Hauch Wehmut im Wind. Doch im Herzen von Bamberg, im Vamos, lag an diesem Abend ein ganz besonderer Schatz vor Anker: Stunde Null eröffneten die Reise zu ihren drei letzten Konzerten aller Zeiten. Wer das Glück hatte, an Bord zu sein, wusste: Dies würde kein gewöhnlicher Abend werden. Kein Konzert. Kein Zwischenhalt. Sondern ein Abschied – roh, echt, voller Herz.
Noch bevor die ersten Kanonenschläge der Musik den Saal erschütterten, traf sich die treue Crew der Band bereits vor der Tür. Als ich kurz nach 18 Uhr ankam, schwappte mir eine Welle bestens gelaunter Fans entgegen – lachend, vibrierend, voller Vorfreude. Um 18:30 Uhr öffneten sich die Tore wie die Planken eines mächtigen Schiffes, und die Menge ergoss sich in die warme, dunkle Kajüte des Vamos. Zwischen Merchständen, Umarmungen und Seemannsgarn verging die Zeit schneller, als jeder Landratte lieb gewesen wäre. Und ehe man „Ahoi!“ sagen konnte, war es 20 Uhr – und die erste Schiffsglocke läutete.
JEAN.LUC – Der erste Angriff der Nacht
Mit dem Intro im Rücken und dem Wind in den Segeln betraten JEAN.LUC, die vierköpfige Crew aus Köln, die Bühne. Ihr Auftritt war wie ein gut gezielter Enterhaken – kräftig, energiegeladen und mitreißend. Sie lieferten einen wilden Mix aus alten Hymnen und neuen Krachern, die das Publikum wie Wellen an den Bug des Abends krachen ließen.
Besonders laut wurde es, als „Albtraum“ erklang – der brandneue Song aus dem kommenden Album. Ein echtes Highlight, das das Schiff zum Beben brachte. Die Menge sang, sprang, brüllte – und die Band revanchierte sich mit einem Auftritt, der jedes Herz an Bord höherschlagen ließ.
Doch auch die schönste Seefahrt endet irgendwann, und so räumten JEAN.LUC die Planken für diejenigen, auf die alle gewartet hatten: Stunde Null.
Stunde Null – Wenn Piraten Abschied feiern
Die Umbaupause war kurz, aber die gespannte Stille im Saal war greifbar wie die salzige Luft auf hoher See. Das Licht dimmte sich, die Musik verstummte – ein Moment, so ruhig wie die See vor einem Sturm. Doch dann: erste Pfiffe, erster Jubel, erste Rufe. Und schließlich: das Intro.
Einer nach dem anderen betrat die Crew aus Südtirol die Bühne, begleitet von ohrenbetäubender Begeisterung. Als Letzter erschien Kapitän Aaron, und kaum hatte er den ersten Ton von „Tränen aus Gold“ gesetzt, war das Schiff bereit für die letzte große Fahrt. Der Song, frisch aus dem Album Stunde Null, erst seit einem Tag auf der Welt, wirkte trotzdem wie ein alter Weggefährte.
Gefolgt von „Stunde Null“ selbst, war der Einstieg perfekt: kraftvoll, entschlossen, traurig-schön – ein Auftakt, der wusste, dass es der Anfang vom Ende war.
Danach setzten die fünf Barbianer Segel in Richtung einer emotionalen Reise. Sie begrüßten ihre Fans, wem sie dieses Abenteuer von zehn Jahren zu verdanken hatten. Jeder im Raum wusste: Das hier ist kein normales Konzert. Das hier ist Geschichte.
Eine Setlist wie eine Schatzkarte der letzten zehn Jahre
Die Jungs aus Südtirol packten alles aus, was ihre Schatzkiste hergab. Alte Hymnen, neue Geschosse, emotionale Balladen – jeder Song ein Kapitel, ein Ankerpunkt im Leben Tausender Menschen.
Unter anderem spielten sie:
Zwischen den Songs wandte sich die Band immer wieder an ihre Fans – mit Worten, die schwerer wogen als jede Kanonenkugel. Man hörte das Zittern, die Dankbarkeit, die Kraft und die Trauer. Man sah vereinte Gesichter, jubelnd und tränennass, euphorisch und gebrochen – ein Wechselbad wie stürmisches Wasser an einem Felsvorsprung.
Ein besonderer Moment ließ selbst die härtesten Piraten schlucken: Aaron holte ein junges Mädchen im Schulalter auf die Bühne, sprach mit ihr, lachte mit ihr – und lud sie nach dem Konzert an den Merchstand ein. Ein Moment voller Liebe, Nähe und purer Fanverbundenheit.
Doch auch die längste Reise kommt irgendwann an ihr Ende. Die Männer verabschiedeten sich, und die jubelnde Meute ließ sie nicht ziehen. Laute „Zugabe!“-Rufe brandeten wie Wellen gegen die Bühne.
Und Stunde Null kehrten zurück – ein letztes Mal.
Mit „Keiner stirbt heilig“ gaben sie ihren finalen Schuss ab. Der Saal explodierte. Und dann – Stille. Jubel. Applaus. Und gleichzeitig: Herzschmerz. Pure Trauer.
Die fünf saßen einen langen Moment auf der Bühne, still, erschöpft, überwältigt. Tränen flossen – nicht nur im Publikum.
Dann verließen sie die Bühne.
Zum allerletzten Mal in Bamberg.
Und das Licht erlosch.
Auf zum letzten Hafen – bevor die Reise endet
Wer Stunde Null noch einmal live erleben will, hat nur noch zwei Chancen – zwei Häfen, bevor dieses Schiff endgültig den Anker setzt:
28.11.2025 – Bochum, Matrix
29.11.2025 – Leipzig, Hellraiser (Freistz)
Tickets:
Über Eventim erhältlich.
Fazit: Ein Abend, der in die Seefahrtsgeschichten eingeht
JEAN.LUC enterten die Bühne mit brachialer Kraft und waren ein perfekter Start in diese emotionale Reise.
Stunde Null dagegen?
Unbeschreiblich.
Echt.
Unvergesslich.
Wie legendäre Piraten, die ihren Kurs immer selbst bestimmt haben, segelten sie zehn Jahre lang durch die stürmische See der Musikszene, ohne jemals ihre Überzeugungen zu verlieren. Sie sprachen aus, was gesagt werden musste. Sie standen für das ein, was ihnen wichtig war. Und sie gaben ihren Fans ein Zuhause.
Ihr Abschied reißt ein Loch in die musikalische Welt, das wohl niemand füllen kann.
Doch jede große Reise endet irgendwann.
Und so wünschen wir ihnen:
Gute Winde, sichere Häfen – und danke für die Jahre.
Ahoi, Stunde Null.
Auf ewig.