Moin Moin Freunde der gepflegten Krawallklänge!
Wenn eine Band über zehn Jahre untertaucht, dann erwartet man entweder rostigen Schrott oder ein Comeback, das wie eine Breitseite direkt in die Planken knallt. Bei Pendulum ist letzteres der Fall: Inertia hat genug Druck, um selbst eine rostige Piratenkutsche auf Lichtgeschwindigkeit zu bringen. Was hier an elektronischer Energie, Metalwucht und Breakbeat-Wahnsinn zusammenkommt, lässt keine Kombüse kalt.
Ich hab mir das Teil ordentlich aufgedreht, und was soll ich sagen? Die Bude wackelt immer noch.
Von Perth auf die großen Weltmeere
Wer Pendulum erst jetzt auf dem Schirm hat, hat wohl lange unterm Deck geschlafen. 2002 in Perth (Australien) gegründet, mischten Rob Swire, Gareth McGrillen und Paul Harding die Drum’n’Bass-Welt auf wie ein Orkan die Nordsee. Doch statt bei Synthgeplucker stehenzubleiben, rammten sie Gitarren, Industrial-Elemente und Stadionmelodien in ihren Sound, bis selbst eingefleischte Rocker anerkennend nickten.
Mit Alben wie Hold Your Colour (2005) oder Immersion (2010) fuhren sie direkt an die Spitze des modernen Crossover – und verschwanden dann lange unter Deck. Nach ein paar EPs und Gastspielen war es lange ruhig. Doch jetzt ist Inertia da – und macht genau da weiter, wo sie zuletzt aufgehört haben: Mit einer Ladung Dynamit im Frachtraum.
Vom Maschinenraum direkt aufs Oberdeck
Der Opener „Driver“ startet wie ein Gewitter auf offener See: hektische Synths, peitschende Beats, keine Gnade. Das Ding ballert direkt in die Vollen, ohne sich zu erklären. Danach knüpft „Save The Cat“ an – ein grooviges, fast tanzbares Biest, das mit 80er-Flair spielt, ohne kitschig zu werden. Hier sitzt jeder Break, jede Synth-Linie sägt sich tief in den Schädel.
„Come Alive“ ist dann so etwas wie der erste Höhepunkt – Hymne, Brecher, Mitgröler. Pendulum in ihrer Live-DNA: fett produziert, mit Stadionpotenzial und trotzdem genug Ecken und Kanten, um nicht in der Playlist vom Frühstücksradio zu landen. Danach wird’s düster: „Silent Spinner“ erinnert an die melancholische Seite der Band – atmosphärisch, getragen, aber mit dunklem Unterton.
Spätestens bei „Halo“ mit Bullet For My Valentine heißt’s dann: Anschnallen! Die Gitarren reißen hier richtig an, während Rob Swires Gesang gegen die Screams von Matt Tuck anbrüllt wie zwei Kommandanten auf Kaperfahrt. D’n’B trifft Metalcore – und es passt wie die Faust aufs Auge.
Mit „Mercy Killing“ geht’s noch eine Schippe härter zur Sache: Scarlxrd brüllt sich durch ein fieberhaftes Beatgewitter, das selbst alte Prodigy-Fans ins Schwitzen bringt. Und „Cannibal“ mit Wargasm? Purer Wahnsinn. Hier wird geschrien, gesungen, geprügelt – musikalisch versteht sich – als gäbe es kein Morgen. Ein Mix aus Rave, Punk und Wut.
Kurz vor Schluss bringt „Guiding Lights“ eine fast träumerische Wendung. Sanfte Synths, viel Atmosphäre – aber trotzdem kein Leerlauf. Und „Cartagena“ als letzter Track? Episch, treibend, groß. Eine Abschiedswelle, die sich wie ein Nachglühen durchs Gehirn zieht.
Fazit:
Inertia ist keine Sammlung von Altlasten, sondern eine moderne Soundexplosion. Pendulum machen keine Gefangenen – hier wird jedes Genre geplündert, neu zusammengesetzt und mit Stil serviert. Das Album liefert Tempo, Power, Abwechslung und – ganz wichtig – Haltung. Wer den Begriff „Crossover“ noch nie richtig verstanden hat, bekommt hier die passende Ohrfeige.
5 von 6 Schädeln
Die Maschine läuft heiß – und das Deck ist frei für mehr.
Euer Messer-Jack
Tracklisting:
01 Driver
02 Save The Cat
03 Come Alive
04 Silent Spinner
05 Halo (feat. Bullet For My Valentine)
06 Mercy Killing (feat. Scarlxrd)
07 Guiding Lights
08 Cannibal (feat. Wargasm)
09 Cartagena